KI ist in aller Munde – auch im Bereich der der Leichten Sprache gibt es immer mehr Programme und Internetseiten, die Übersetzungen in Leichte Sprache anbieten. Zudem nutzen immer mehr Behörden solche Programme, um schwierige Texte schnell in Leichte Sprache zu übersetzen. Was dabei oft auf der Strecke bleibt, ist eine sorgfältige inhaltliche Überprüfung sowie die für Leichte Sprache essentielle Verständlichkeitsprüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten. Doch KI-Übersetzungen bieten auch ein großes Potential. Wie also damit umgehen, dass immer mehr mit KI übersetzt wird?
Aktuelle Entwicklungen
Man kann leicht den Überblick verlieren angesichts der wachsenden Zahl an Programmen, die sich auf das Übersetzen in Leichte Sprache mithilfe von KI spezialisieren, darunter KLAO, SUMM AI oder Leichte Sprache Übersetzer, um nur drei der bekannteren zu nennen. Manche Übersetzungs-Tools lassen sich nur nach Registrierung und gegen Bezahlung nutzen, bei anderen reicht das Aufrufen der Internetseite und Einfügen des Textes. Daneben gibt es auch Allzweck-KI’s wie ChatGPT oder Gemini, die man mithilfe eines passenden Befehls wie „Übersetze in Leichte Sprache“ ebenfalls für die Übersetzung nutzen kann. Außerdem gibt es noch diverse auf Leichte Sprache spezialisierte Chat-Bots, die speziell auf Übersetzungen in Leichte Sprache ausgelegt bzw. programmiert sind. Dabei handelt es sich um Erweiterungen für ChatGPT wie etwa Optimeil Leichte Sprache Assistent oder schlicht Leichte Sprache, unter welchem Namen es gleich mehrere gibt.
Kostenpflichtige Tools verfügen teilweise über mehr Funktionen wie die Möglichkeit, passende Bilder zu generieren, sie liefern aber nicht unbedingt bessere Übersetzungen – es gibt sowohl bei den kostenpflichtigen als auch den kostenlosen Programmen überzeugende und weniger überzeugende Ergebnisse. Kostenlose Programme, die sich ohne Registrierung und möglichst einfach nutzen lassen, haben den Vorteil, dass sie sich direkt und unkompliziert nutzen lassen, was sie theoretisch auch für die Zielgruppe von Texten in Leichter Sprache – Menschen mit Lernschwierigkeiten – leichter zugänglich macht. Aktuell richten sich die KI-Übersetzungs-Programme allerdings klar an Personen, die Texte in Leichter Sprache erstellen.
Vor- und Nachteile von KI-Übersetzungen
Die Vorteile von KI-Übersetzungen liegen auf der Hand: Die Übersetzung eines Texts dauert nur wenige Sekunden – was natürlich eine große Zeitersparnis gegenüber einer Übersetzung durch eine*n zertifizierte*n Übersetzer*in bringt. Damit verbunden ist eine Kostenersparnis, zumindest in Bezug auf den reinen Übersetzungsvorgang.
Die Nachteile sind weniger offensichtlich und sie sind vielen Auftraggeber*innen und auch Nutzer*innen von KI-Programmen nicht bewusst, da sie oftmals weder mit dem Übersetzen in Leichte Sprache noch dem inklusiven Gedanken, der der Leichten Sprache zugrunde liegt, vertraut sind. Zertifizierte Übersetzer*innen verfügen über eine Weiterbildung für das Übersetzen in Leichte Sprache und sind mit der Zielgruppe und ihren Anforderungen vertraut. Sie verfügen dadurch über ein Wissen und eine Erfahrung, die keine KI haben kann. Stehen alle wichtigen Informationen im Text? Entspricht der Text den Regeln der Leichte Sprache? Ist der Text schlüssig und ansprechend geschrieben? Für Fragen wie diese bedarf es weiterhin des Fachwissens menschlicher Übersetzer*innen.
Der zweite und besonders problematische Punkt, der bei KI-Übersetzungen zumeist verloren geht, ist die Verständlichkeitsprüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten. Sie sind die Zielgruppe der Leichten Sprache und nur sie können beurteilen, ob ein Text verständlich ist. Das sind essentielle Punkte, die deutlich machen, was eine KI eben nicht kann. Punkte, auf die auch der kürzlich publizierte Kodex für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Leichte Sprache eingeht.
Forderungen aus dem KI-Kodex
Im Juli erschien der Kodex für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Leichte Sprache, an dessen Erarbeitung Übersetzer*innen für Leichte Sprache, KI-Entwickler*innen und Menschen mit Lernschwierigkeiten beteiligt waren. Der Kodex enthält Empfehlungen für den verantwortungsvollen Umgang mit KI-Programmen zur Erstellung von Texten in Leichter Sprache. Er richtet sich an alle Personen, die ein KI-Programm für die Bereitstellung von Texten in Leichter Sprache nutzen wollen und soll als Grundlage dienen, ob und wie ein KI-Programm bei einer Übersetzung in Leichte Sprache zum Einsatz kommen kann.
Die darin enthaltenen Empfehlungen verdeutlichen wichtige Punkte, auf die Nutzer*innen von KI-Übersetzungs-Programmen achten sollten. Drei Forderungen aus dem Kodex wollen wir an dieser Stelle besonders hervorheben und zitieren:
- „Wenn Sie KI-Programme als Hilfsmittel für die Übersetzung von Texten in Leichte Sprache verwenden, müssen Sie die Regeln der Leichten Sprache kennen und anwenden können.“
- „Führen Sie bei Texten, die durch ein KI-Programm erstellt wurden, immer eine Nachbearbeitung durch. KI-Anwendungen können Fehler machen oder wichtige Inhalte fehlerhaft wiedergeben.“
- „Die Prüfung durch die Zielgruppe kann derzeit nicht durch KI ersetzt werden. Beauftragen Sie Prüfgruppen –
z. B. aus Büros für Leichte Sprache oder anderen spezialisierten Einrichtungen.“
Das Fach-Zentrum begrüßt und unterstützt die Empfehlungen für einen verantwortungsvollen und inklusiven Umgang mit KI. Und wir teilen die folgende Einschätzung, welche verdeutlicht, was eine KI kann und was nicht:
„KI-Programme können den Übersetzungsprozess zwar beschleunigen, ersetzen jedoch nicht die notwendige Überprüfung durch qualifizierte Fachkräfte und die Zielgruppe selbst. Zum jetzigen Zeitpunkt ist KI ein unterstützendes Werkzeug, kein Ersatz für professionelle Übersetzungen in Leichte Sprache.“
Die Arbeit der CABkom - Wie weiter mit KI?
KI-Übersetzungs-Programme kommen bereits für Übersetzungen in Leichte Sprache zum Einsatz und ihre Nutzung wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Dem können und wollen auch wir als Übersetzer*innen und Prüfer*innen für Leichte Sprache uns nicht verschließen. Wir fordern jedoch einen verantwortungsvollen Umgang der Nutzer*innen mit KI, wie ihn beispielsweise das Positionspapier der Gruppe Bayern des Netzwerks Leichte Sprache zum Thema KI und Leichte Sprache oder der KI-Kodex für Leichte Sprache aufzeigen. Gleichzeitig erweitern wir unser Angebot, um den aktuellen Veränderungen Rechnung zu tragen.
Gerne beraten wir Sie, wie Texte mithilfe von KI übersetzt werden können und bieten auf Nachfrage Schulungen, Lektorate, Überarbeitungen und Verständnisprüfungen für KI-Übersetzungen an.
Auch in Zeiten von KI-Übersetzungen braucht es qualifizierte Expert*innen für Leichte Sprache. Wir sind überzeugt: KI bietet auch für die Leichte Sprache viele Möglichkeiten, doch gerade hier darf nicht vergessen werden, worum es bei der Leichten Sprache letztendlich geht, nämlich um Teilhabe – die Teilhabe von Menschen.